Hier ist nur die "lange" Seite des Daches mit einem Gerüst für die Photovoltaik-Montage gesichert. Nicht aber die Giebelseite. Wenn dort jemand vom Dach stürzt, wird es übel. (Foto: Andreas Lerg)
Wissenswert

Photovoltaik-Montage: Wer haftet, wenn jemand vom Dach fällt?

Gerade auf Facebook sieht man immer wieder abenteuerliche Bilder von Photovoltaik-Montagen auf Baustellen. Bilder, auf denen Arbeiter teilweise nur mit einer einfachen Leiter auf hohen Dächern arbeiten und Photovoltaikmodule montieren. Sobald auf einem Dach gearbeitet wird, muss die Baustelle mit einem Gerüst abgesichert werden. Aber auch hier passieren Fehler, zum Beispiel durch ein unvollständiges Gerüst. Und was passiert dann? Wenn jemand vom Dach fällt? Wer als Bauherr denkt: „Nicht mein Problem, dafür ist die ausführende Firma verantwortlich“, kann schnell sein blaues Wunder erleben. Was ist also zu beachten?

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Die Montage von Photovoltaikanlagen ist mit erheblichen Risiken verbunden, insbesondere bei Arbeiten in der Höhe. PV-Anlagen werden in der Regel auf Dächern und damit fast immer in der Höhe montiert. Unfälle auf Dächern können für die Betroffenen schwerwiegende Folgen bis hin zum Tod haben. Genau aus diesem Grund werden Gerüste aufgestellt, um einerseits überhaupt ein bequemes und effizientes Arbeiten in der Höhe zu ermöglichen und andererseits vor allem eine Absturzsicherung zu gewährleisten. Ein einfaches Fahrgerüst reicht oft nicht aus.

Der Bauherr BLEIBT bei der Photovoltaik-Montage verantwortlich

Viele Menschen, die eine PV-Anlage in Auftrag geben, unterschätzen, dass sie während der Arbeiten auf dem Dach und im Haus „Bauherr“ sind. Und die Hauptverantwortung für die Sicherheit auf der Baustelle liegt zunächst tatsächlich beim Bauherrn. In der Regel delegiert er diese Verantwortung an Dritte, z.B. an den Solateur als Auftragnehmer für die PV-Montage oder an den Gerüstbauer, wenn er diesen selbst beauftragt.

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Der Gerüstbauer ist für die sichere Einrüstung des Arbeitsbereiches auf dem Dach verantwortlich. Wenn kein gesonderter Gerüstbauer kommt, sondern die Monteure ihr Gerüst selbst mitbringen und aufbauen, sind sie dafür verantwortlich. Der Gerüstbauer muss das Gerüst so gestalten, dass es den Arbeitsbereich vollständig schützt und überall Absturzsicherungen vorhanden sind. Dafür haftet der Gerüstbauer oder notfalls das Montageteam selbst, wenn es sein Gerüst für die Photovoltaikmontage selbst mitbringt und aufstellt.

Damit ist der Bauherr aber nicht garantiert aus der Verantwortung für die Photovoltaik-Montage entlassen. Der Gesetzgeber sagt hier grundsätzlich, dass er dann haftet, wenn ein Mangel des Gerüstes auch für ihn als Laien erkennbar ist und er diesen Mangel nicht bei den ausführenden Firmen anspricht und auf Beseitigung drängt. Mit anderen Worten: Sieht der Bauherr, dass jemand von der beauftragten Firma statt mit einem Gerüst nur mit einer langen Leiter aufs Dach will, muss er dies verhindern. Sieht er, dass das Gerüst zum Beispiel an bestimmten Gefahrenstellen nicht ausreicht, gilt das Gleiche. Er muss ihn darauf hinweisen und erneut auf die Beseitigung des Mangels drängen. Ein Beispiel:

Hier ist nur die "lange" Seite des Daches mit einem Gerüst gesichert. Nicht aber die Giebelseite. Wenn dort jemand vom Dach stürzt, wird es übel. (Foto: Andreas Lerg)
Hier ist nur die „lange“ Seite des Daches mit einem Gerüst für die Photovoltaik-Montage gesichert. Nicht aber die Giebelseite. Wenn dort jemand vom Dach stürzt, wird es übel. (Foto: Andreas Lerg)

Das obige Bild zeigt eine PV-Baustelle, bei der nur die Längsseite des Daches eingerüstet ist, nicht aber die Giebelseite. Nachdem das Montageteam das Gerüst aufgestellt und für ausreichend befunden hatte, stand plötzlich jemand von der Berufsgenossenschaft auf der Baustelle. Er bemängelte das fehlende Gerüst auf der Giebelseite und stoppte die Baustelle. Ein Gerüstbauer musste beauftragt werden.

Erst nachdem der Gerüstbauer auch die Giebelseiten eingerüstet hatte, konnten die Arbeiten auf dem Dach fortgesetzt werden. Mit dem Gerüst an den Giebelseiten war die Absturzsicherung rundum gewährleistet. Die Kritik des Mannes von der Berufsgenossenschaft war berechtigt. Hätte die Montagemannschaft gleich ein vollwertiges Gerüst gestellt oder stellen lassen, wäre die Baustelle nicht für eine knappe Woche zum Stillstand gekommen.

Die Frage ist, ob ein Bauherr dieses Wissen hat und ihm zugemutet werden kann, einen Mangel am Gerüst zu erkennen. Oder ob er sich auf die Aussage einer Firma verlassen kann, wenn diese sagt: „Das reicht, da passiert nichts“.

Fahrlässigkeit bei der Photovoltaik-Montage

Es gibt verbindliche Unfallverhütungsvorschriften, die der Gerüstbauer einhalten muss. Bei Verstößen gegen diese Vorschriften haftet der Gerüstbauer wegen Fahrlässigkeit. Der Geschädigte muss nicht im Einzelnen nachweisen, dass die Verletzung dieser Vorschriften zu seinem Unfall geführt hat. Wenn also ein Fehler offensichtlich ist, darf die Baustelle oder der Arbeitsbereich eigentlich gar nicht erst betreten werden. Fahrlässigkeit kann aber auch den Bauherrn treffen, und zwar wiederum dann, wenn ein Sicherheitsmangel offensichtlich und für den Laien „vernünftigerweise erkennbar“ ist.

Mitverschulden

Auch der Unternehmer, der auf dem (nicht von ihm gestellten) Gerüst arbeiten lässt, ist für die Sicherheit seiner Arbeitnehmer verantwortlich. Er kann sich zwar auf die Kontrolle der Vorschriften durch den Gerüstbauer verlassen, muss sich aber ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er Mängel am Gerüst hätte erkennen müssen. Auch die Arbeitnehmer müssen die Verhaltensregeln auf dem Gerüst beachten, da ihr Fehlverhalten ihre Ansprüche mindern kann. Auch hier kann den Bauherrn ein Mitverschulden wie oben beschrieben treffen.

Schadensersatz

Ein Sturz aus Höhe auf der Baustelle kann zu schweren Verletzungen und hohen Schmerzensgeldzahlungen führen. Bei Stürzen aus großer Höhe kommt es auch zu Todesfällen. In Einzelfällen wurden Schmerzensgelder von bis zu 400.000 Euro zugesprochen. In der Regel schließt sich ein Strafverfahren an, um die Schuldfrage zu klären.

Cheeckliste für die Baubesprechung vor Beginn der Baumaßnahm

Deshalb hier eine Checkliste zur Vorbereitung der Baustelle für die Photovoltaik-Montage, nämlich die Baustellenbegehung am besten noch VOR der Angebotserstellung durch den Solateur/Auftragnehmer.

  • Teilnehmer: Bauherr, Vertreter des Auftragnehmers, in der Regel der Solateur
  • Begehung aller Arbeitsbereiche der Baustelle, insbesondere der Dachflächen, auf denen die Module montiert werden sollen
  • Vermessung der Arbeitsbereiche, insbesondere hinsichtlich der Höhe. Alternativ Einsichtnahme in vorhandene Baupläne hinsichtlich der Höhen.
  • Falls mögliche Gefahrenstellen vom Vertreter des Auftragnehmers nicht gesehen und angesprochen werden, weist der Bauherr darauf hin.
  • Der Bauherr stellt Fragen und erkundigt sich nach sicherheitsrelevanten Punkten.
  • Protokoll der Baustellenbesichtigung

Durch diese Baubegehung und das Protokoll sichert sich der Bauherr gegen die oben genannte Mithaftung ab. Sollte ein Auftragnehmer OHNE persönliche Baustellenbesichtigung und -besprechung, nur anhand von Fotos oder gar Google-Maps-Aufnahmen ein Angebot für die Photovoltaik-Montage abgeben, gilt nur eines: Finger weg!!!

Das gilt auch für dubiose Anbieter aus dem Ausland, die oft über Facebook in entsprechenden PV-Gruppen auf Kundenfang für eine PV-Anlage gehen. An solche Firmen kommt man nie wieder heran, wenn es Probleme mit der Garantie gibt. Kennen deren Elektriker alle deutschen Normen und Vorschriften? Wenn die etwas installieren, was nicht der Norm entspricht, dann schaltet der Netzbetreiber die Anlage vielleicht nicht frei oder tauscht den Zähler nicht aus, wenn es nötig ist. Auch die Anmeldebürokratie bleibt am Bauherrn hängen, während ein seriöser Anbieter aus Deutschland das alles macht.

Und – zurück zum Thema – die vorherige Baustellenbegehung mit allem Drum und Dran inklusive Protokoll findet dort garantiert auch nicht statt. Denn der Monteur kommt garantiert nicht hunderte von Kilometern aus Polen oder sonst wo her, um die Baustelle zu besichtigen, Aufmaße zu nehmen und so weiter. Da heißt es dann: „Schick ein Foto vom Dach. Das reicht“.

Was tun, wenn es bei der Photovoltaik-Montage zum Unfall kommt?

Um bei einem Unfall auf einer Baustelle die gesetzlichen Ansprüche geltend machen zu können, sind folgende Punkte zu beachten:

  • Sofortige medizinische Versorgung
  • Polizeibericht
  • Dokumentation des Unfallhergangs
  • Einholung eines Sachverständigengutachtens
  • Kontakt zu einem Rechtsanwalt

Fazit

Es ist wichtig, dass alle Beteiligten auf der Baustelle, also Bauherr, Gerüstbauer, Unternehmer und Arbeitnehmer, ihre Verantwortung für die Sicherheit kennen und wahrnehmen, um Unfälle bei der Photovoltaik-Montage und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen zu vermeiden.

Und wenn Du die Montage der Photovoltaikanlage selbst durchführst, anstatt eine Fachfirma zu beauftragen, weil Du denkst „das teure Gerüst spare ich mir, die Leiter und Omas Wäscheleine um den Bauch sind sicher genug“, dann hast Du nach einem Unfall im Krankenhaus richtig Ärger. Denn längst nicht nur Deine Versicherung wird dann bei Dir „dringenden Gesprächsbedarf“ anmelden. Und auch Leitern und eine richtige Absturzsicherung reichen als „justiziabler“ Unfallschutz nicht aus. Ich habe damals mein Balkonkraftwerk mit einem Hubsteiger auf dem Dach montiert und war im Korb des Gerätes auch mit einem Auffanggurt gesichert. Hätte ich aber den Korb verlassen und wäre auf das Dach geklettert, hätte ich trotzdem ein Gerüst zur Sicherung gebraucht.

Solange man nicht aus dem Arbeitskorb des Hubsteigers aussteigt und im Korb mit einem Auffanggurt gesichert ist, sind Arbeiten auf dem Dach möglich. Bei einem einzelnen Modul für ein Balkonkraftwerk ist das möglich. Nicht aber bei einer großen PV-Anlage. (Foto: Andreas Lerg)

Zusätzliche Informationen

Neben der Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften kann auch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu einer Haftung führen. Die Verkehrssicherungspflicht ist die Pflicht, Gefahrenquellen von Dritten abzuwenden. Zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht auf der Baustelle sind der Bauherr, der Gerüstbauer, der bauleitende Architekt und der Bauunternehmer gleichermaßen verpflichtet.

Rechtlicher Hinweis

Dieser Artikel dient nur der Information und ersetzt keine Rechtsberatung. Bei Fragen zu einem konkreten Fall sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden.