Balkonkraftwerke und Bauvorschriften – Das musst Du wissen
Ich kaufe mir ein Balkonkraftwerk, schraub es ans Geländer von Balkon oder Terrasse und gut ist es. Schön wäre es, denn in Deutschland gibt es ja für alles Vorschriften, Normen und Gesetze. Solche Regelungen werden aber nicht aus reiner Willkür oder Schikane erlassen, sondern sie haben in der Regel einen bestimmten und meist auch guten und sinnvollen Zweck. Bei Balkonkraftwerken ist die Höhe der Montage entscheidend. Bis vier Meter Höhe kannst Du beinahe machen, was Du willst. Ab vier Metern Höhe aber nicht mehr. Das schauen wir uns mal an.
Abonnieren unseren Newsletter!
Die baurechtlichen Vorschriften stellen bestimmte Regeln für die Installation von Balkonkraftwerken auf und die greifen, wenn das Balkonkraftwerk ab vier Metern Höhe aufwärts an einem Balkongeländer montiert werden soll. Zweck dieser Regeln ist der Schutz von Fußgängern auf der Straße, aber auch von Bewohnern der Wohnungen unter Deinem Balkon. Die in den Bauvorschriften definierten Sicherheitsregeln sollen sicherstellen, das Fußgänger und Deine Nachbarn „unten drunter“ nicht von herabstürzenden Teilen Deines Balkonkraftwerkes getroffen und verletzt werden können. Daher legen die Bauvorschriften folgendes fest:
Balkonkraftwerke ohne Glas-Folien- oder Glas-Glas-Module
Ab vier Metern Montagehöhe darfst Du keine herkömmlichen und handelsüblichen Glas-Folien-Module oder Glas-Glas-Module montieren. Die Module dürfen dann nur aus reinem Kunststoff oder zertifiziertem Sicherheitsglas bestehen. Gegründet wird dies mit dem potenziellen Verletzungsrisiko durch Glassplitter, die bei einem Bruch des Moduls beispielsweise durch Scherkräfte bei Starkwind auftreten können. Reine Kunststoff-Module können nicht splittern. Sicherheitsglas ist für extreme Bedingungen ausgelegt. Kunststoff-Module sind außerdem meistens leichter als Glas-Module und können daher eine geeignete Alternative sein.
Je nach Höhe und Menge der Module – nehmen wir an, die Fotovoltaik-Module sollen an einem mehr- oder vielstöckigen Mehrparteienwohnhaus montiert werden – kann es sogar nötig werden, das Du eine Baugenehmigung beantragen musst. Auch hier dürften vor allem die bei starkem Wind auf die exponiert montierten Module einwirkenden Kräfte der Grund sein. Frag einfach bei deinem lokalen Bauamt nach, ob es entsprechende Vorschriften gibt und wie die Beantragung abläuft. Also ob eine vereinachte „Anmeldung“ genügt, oder wirklich ein „Vollantrag“ gestellt werden muss, der dann auch dem gemeinde- oder Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt wird.
Gewicht und Statik müssen passen
Fotovoltaik-Module gängiger Bauart – Glas auf der Vorderseite, Folien auf der Rückseite – bringen heutzutage im Durchschnitt 20 Kilo auf die Waage. Glas-Glas-Module wiegen mit vielleicht zusätzliche zwei Kilo kaum mehr. Der Gesetzgeber macht bezüglich der Gewichte von Modulen keine konkreten Vorschriften. Aber „ab der Regelhöhe von vier Metern“ aufwärts, verlangt die Bauvorschrift, dass das Balkongeländer oder die Brüstung das Gewicht der Module statisch tragen können muss. Wenn Du also ein uraltes und teilweise verrostetes, dünnes Eisengeländer am Balkon hast, das so bei Wind schon wackelt, dann solltest Du da keine Balkonkraftwerk-Module montieren.
Warum? Ganz einfach! Nehmen wir ein gängiges Modulmaß von 1,7 mal 1 Meter. Und gehen wir von zwei Modulen aus. Dan montierst Du mit diesen Modulen sozusagen auch eine „Segelfläche“ von knapp 3,5 Quadratmetern an deinen Balkon. Wenn jetzt ein starker Wind auf diese Fläche drückt, haut es Dir eventuell das ganze Konstrukt aus Geländer und Modulen vom Balkon. Kommt dann jemand zu Schaden und stellt ein Gutachter fest, dass die Statik deines Balkongeländers von Anfang an ungeeignet war, wird dramatisch. Deine Haftpflichtversicherung wird sich vermutlich weigern, den Schaden zu regulieren. Hat das herabstürzende Geländer-Modul-Paket „nur“ ein Auto beschädigt, wird es nur teuer. Ist aber ein Mensch zu Schaden gekommen, sind wir ganz schnell auch im Strafrecht unterwegs!
Also: Prüfe, ob dein Balkongeländer statisch geeignet ist, die ein oder zwei Fotovolatik-Module zu tragen, bevor Du das Balkonkraftwerk kaufst und montierst. Hier könne die leichteren reinen Kunststoffmodule dann eventuell die bessere Wahl sein, als Module aus Sicherheitsglas. Zudem ist es ratsam, die Module auch flach am Geländer zu montieren. Denn wenn Du die Module mit einem Gestell angewinkelt mutierst, kann da wieder der Wind besser drunter greifen und an der Konstruktion zerren.
Wenn Du die Module angewinkelt in Richtung Sonne ausgerichtet montieren willst, dann muss das Geländer erst Recht eine entsprechende Statik haben. UND das Montagegestell muss entsprechend massiv, stabil und solide sein. Etwa selbst aus Baumarkt-Material möglichst billig zusammen gefrickeltes kann abermals in einem Strafrechtsprozess enden, je nachdem wer dadurch wie zu Schaden kommt. Auch hier hilft eine Anfrage bei deinem zuständigen Bauamt.
Eigentümer – Mieter – Mehrparteienhaus
Zum Schluss noch eine Anmerkung. Bist Du Besitzer und alleiniger Bewohner der Immobilie. Dann kannst Du bis vier Meter im Prinzip machen was Du willst. Ab vier Metern greifen die oben beschriebenen Regeln. Bist Du Mieter und alleiniger Bewohner der Immobilie, dann gilt fast das gleiche, nur dass Du eben deinen Vermieter einbinden und fragen musst. Der kann das Balkonkraftwerk auch ablehnen. Die Bundesregierung plant aber wohl, Balkonkraftwerke als „privilegierte Maßnahmen“ festzulegen.
Dann kann der Vermieter nicht mehr ohne weiteres ablehnen. Wohnst Du als Eigentümer oder Mieter in einem Mehrparteienhaus, dann kann es zusätzlich nötig sein, dass Du auch die anderen Eigentümer oder Bewohner fragen musst. Diese haben, zumindest solange das mit den „privilegierte Maßnahmen“ noch nicht in. Gesetzestext gegossen ist, ebenfalls ein Mitspracherecht.
Ich hoffe, dieser Überblick über die Bauvorschriften hilft Dir bei der geplanten Anschaffung eines Balkonkraftwerkes. Es wäre ja schade, wenn Du ein Paket kaufst und das dann durch Bauvorschriften und Mitspracherecht von Vermieter und/oder Mitbewohnern nicht montieren kannst. Deshalb hier eine ganz kleine Checkliste, die Du vor dem Kauf abhaken solltest:
- In welcher Höhe wird das Balkonkraftwerk montiert. Im Zweifelsfall nachmessen!
- Ab vier Metern VOR dem Kauf beim Bauamt nach geltenden Vorschriften fragen!
- Du wohnst zu Miete oder nicht als einziger im Haus? Vermieter und Mitbewohner VOR dem Kauf fragen!
- Statik und Stabilität des Balkongeländern VOR dem Kauf gründlich prüfen.
Tipp: Immer beim lokalen Bauamt nachfragen
Ein Tipp zum Schluss lautet, dass Du im Zweifel immer bei Deinem lokalen Bauamt nachfragen solltest. Warum? Typisch für Deutschland sind Bauvorschriften nicht bundeseinheitlich geregelt, es gibt Länderbauordnungen, regionale Gestaltungssatzungen und allerlei andere regionale und lokale Regeln. Hier ein Satz als Beispiel. Der Satz stammt aus der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) und gilt demnach für Berlin: „Keiner Genehmigung bedarf unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen, die keine Sonderbauten sind.“
Als Sonderbau gilt in dieser Bauordnung für Berlin bereits ein Hochhaus ab 22 Metern Höhe. Bei üblichen Geschosshöhen wären das etwa acht Stockwerke. Du siehst also, es gibt überall Sonderregeln. Wohnst Du in einer malerischen Altstadt, wird des dort sicher eine „Gestaltungssatzung“ oder ähnliches geben. Daher sind die lokalen Bauämter immer die kompteentesten Ansprechpartner.