Der miese Betrug der Energievertrags-Abzocker
Plötzlich bekommst Du ein Schreiben deines Stromanbieters, in dem dieser sehr bedauert, dass Du gekündigt hast und wechselst. Und ein neuer Stromanbieter freut sich ebenfalls schriftlich, Dich als neuen Kunden begrüßen und ab Datum X mit Strom beliefern zu dürfen. Du wunderst dich, da Du weder dem alten Stromanbieter gekündigt, noch einen neuen beauftragt hast? Dann bist Du vermutlich Opfer der miesen Masche der Energievertrags-Abzocker geworden. Betrüger, die dir einen neuen Strom- oder Gasvertrag unterjubeln wollen. Hier erkläre ich Dir, wie diese Masche funktioniert, wie Du sie abwehrst bevor Du Opfer wirst und was Du tun solltest, falls es schon passiert ist.
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Wie funktioniert dieser Betrug der Energievertrags-Abzocker?
Völlig zu Recht fragtst Du dich nun, warum will Dir da überhaupt jemand einen neuen Strom- oder Gasvertrag unterjubeln? Was hat so jemand davon? Das ist eigentlich sehr einfach erklärt. Schauen wir uns dazu seriöse Anbieter für den Energievertragswechsel an. Beispielsweise Check24 oder SwitchUp. Das sind Vergleichsdienstleister, bei denen Du deinen aktuellen Energievertrag mit anderen Anbietern vergleichen und auch direkt zu einem günstigeren Anbieter wechseln kannst, wenn Du einen solchen findest. Den Wechsel kannst Du direkt auf dieser Plattform „anstoßen“. Alles wird für dich durch diesen Dienstleister erledigt. Ich mache das seit Jahren so mit SwitchUp. Einmal im Jahr überprüft dieser Dienstleister, ob es für meine Gasversorgung und meine Stromversorgung einen günstigeren Anbieter gibt. Dann werde ich informiert und kann entscheiden, ob ich wechseln will oder auch nicht. Wenn ich genau das will, gebe ich den Wechsel bei SwitchUp frei und die erledigen das alles für mich. Dafür bekommt SwitchUp vom neuen Energieanbieter eine Vermittlungsprovision. Genau davon leben diese Anbieter, von der Provision, die sie bekommen, wenn sie einem Strom- oder Gasanbieter einen neuen Kunden vermitteln.
Genau damit wird auch klar, auf was diese Energievertrags-Abzocker aus sind. Auch die wollen diese Wechselprovision abkassieren. Damit kassieren sie ab. Und natürlich „vermitteln“ sie nicht den günstigsten Energieanbieter, sondern den, der ihnen am meisten Provision auszahlt. Das allerdings tun sie, ohne einen „echten“ neuen Kunden zu vermitteln! Denn sie bekommen schließlich keinen Auftrag eines Verbrauchers, diesen Anbieterwechsel durchzuführen. Sie machen das einfach so und jubeln einem nichtsanhenden Menschen einen neuen Strom- oder Gasvertrag unter, um die Provision abzukassieren.
Aus juristischer Sicht ist das der Straftatbestand des Betruges. Einer Person wird etwas gegen deren Willen „verkauft“ und da der neue, aufgezwingene Enerhieanbieter nicht selten teurer ist, entsteht dem Oper auch ein Schaden. Selbst wenn kein Schaden entstünde, ist ein gegen den Willen des Opfers aufgezwungener Vertragsabschluss ein Betrug. Das ganze verstößt gegen die „Vertragsfreiheit„. Außerdem ist das auch Provisionsbetrug, denn sie kassieren ja bei dem Energieversorger ab, ohne diesem einen echten „wollenden“ Kunden zu vermitteln.
Die Betrüger brauchen Zählernummer und wenige weitere Daten
Die Betrüger nutzen bei dieser Masche die Tatsache aus, dass ein solcher Vertragsabschluss über einen seriösen Wechseldienstleister heutzutage rein digital abläuft. Sprich, Du als Verbraucher bekommst kein Papier mehr vorgelegt, dass Du von Hand ausfüllst und unterschreibst. Check24, SwitchUp & Co bekommen von Dir deine Adresse, die Zählernummer deines Strom- oder Gaszählers. Diese Daten reichen oft aus, manchmal werden noch die Vertragsnummern des „Altvertrages“ benötigt, um diesen in deinem Namen kündigen zu können. Deine Zustimmung erteilst Du beispielsweise per E-Mail oder auf der Webseite.
Damit die Energievertrags-Abzocker jetzt ohne Dein Wissen und vor allem Deinen Willen dir einen neuen Strom- oder Gasvertrag unterjubeln und die Provision abzocken zu können, brauchen diese Betrüger ebenfalls diese Daten von Dir. Also Deinen Namen, die Adresse und die Zählernummer und eventuell die alte Vertragsnummer. Aber wie kommen diese Bertrüger an diesen Daten dran?
„Hallo, hier ist ihr Stromanbieter ….“
Das ist im Prinzip recht einfach. Die Adressen werden heute oft über entsprechende Adresshändler – Listbroker genannt – für die Werbeindustrie eingekauft. Damit hat der Abzocker schon mal Deinen Namen und die Adresse. Er braucht nur noch die Zählernummer und eventuell die Vertragsnummer. Oft wird dann einfach angerufen. Auch ich habe in den letzten zwei bis drei Jahren schon oft solche Anrufe erlebt. Übrigens fast immer mit der Vorwahl von Berlin. Die Anrufe laufen dann fast immer nach dem gleichen Muster ab. Da heißt es dann in der Regel zuerst: „Hallo, spreche ich mit Herr Lerg?“ Es wird also zu Beginn nach deinem Namen gefragt, denn hier hofft der Anrufer darauf, dass Du „Ja“ sagst. Dieses „Ja“ wird aufgezeichnet und dann später in ein „Vertragsgespräch“, das tatsächlich NIE mit dir geführt wurde, hinein geschnitten. In diesem Gespräch kommt dann die Frage „Sind Sie mir dem hier besprochenen Vertrag einverstanden?“. Dann wird dein „Ja“ dort hinein kopiert. Damit will der Abzocker dann beweisen, dass Du dem Vertrag oder dem Vertragswechsel angeblich zugestimmt hast.
Wie geht das Telefongespräch mit Dir dann nach dieser „Begrüßungsabfrage“ weiter? Meist in diesem Stil: „Hier ist ihr Stromanbieter. Wir müssen kurz ihre Vertragsdaten mit unserer Datenbank abgleichen. Bitte nennen Sie mir doch kurz Ihre Zählernummer und auch ihre Vertragsnummer.“ Wenn Du diese Daten nennst, hat der Abzocker alles, was er braucht. Wenn Du also auf gutgläubig bist und auf diese Masche reinfällst, wird sich nett und freundlich bedankt und aufgelegt.
Wenige Tage, spätestens Wochen später erfährst Du dann in den am Anfang erwähnten Schreiben, dass Dir jemand einen neuen Strom- oder Gasvertrag untergejubelt hat. Natürlich funktioniert das gleiche auch per E-Mail. Hier erfolgt die Abfrage der für den Betrug nötigen Daten dann über entsprechende Fragen in der E-Mail, die angeblich von deinem Energieversorger kommt. Oder Du wirst aus der E-Mail auf eine Webseite geleitet, auf der Du diese Angaben dann in ein Online-Formular eintragen sollst.
Eine weitere Masche, die vor allem in großen Städten vorkommen kann ist, dass auf einmal ein Strom- oder Gasableser klingelt und bei Dir die Zählerstände ablesen will. Der schlurft dann brav zum Zähler, schreibt den Zählerstand, aber vor allem die Zählernummer auf und fragt Dich dann ganz lieb und freundlich nach deinem Anbieter und/oder der Vertragsnummer. Wenn Du dann fragst, warum so unerwartet außer der Reihe der Zähler abgelesen wird oder warum überhaupt jemand kommt, obwohl Du den Zählerstand seit Jahren selbst abliest und meldest, kommt irgend eine plausibel klingende Ausrede. Da hat dann angeblich der Stromversorgern „den Dienstleister zum Ablesen“ gewechselt. Oder es müssen „alle paar Jahre Kontrollablesungen durchegführt werden“. Diese Typen sind für diese Situationen und skeptische Fragen geschult.
Bevor der Typ geht kommt dann oft noch „Könnten Sie mir hier bitte quittieren, dass ich da war und den Zähler kontrolliert habe“ und man hält Dir den Stift zum Unterschreiben hin. Tust Du genau das, hat der Abzocker sogar Deine Unterschrift. Aber es passiert immer häufiger, dass diese Vertragswechsel von den Energieanbietern auch ohne das am Telefon aufgezeichnete „Ja“ oder die erschlichenen Unterschrift angenommen und vollzogen werden.
So wehrst Du die Masche „vorher“ ab
Ok, dann kommen wir mal zu Frage, wie man diese Energievertrags-Abzocke abwehrt. Widmen wir uns zunächst der Abwehr im Vorfeld, damit diese Vögel erst garnicht an Deine Daten kommen und zuschlagen können. Fangen wir mir dem Anruf an. Die Abwehr ist simpel. Sag garnichts und leg einfach auf! Ruft jemand an und sagt „Hallo, hier ist ihr Stromanbieter, spreche ich mit Herrn…“. Sag nichts und leg einfach auf. Du kannst zur Not Gegenfragen stellen. Frag doch „Welcher Stromanbieter?“ In der Regel wissen die Betrüger nicht, von wem Du derzeit deinen Strom beziehst und können die Frage daher nicht konkret beantworten. Es kommen dann irgendwelche Ausreden, um dich in Sicherheit zu wiegen. Da heißt es dann „wir sind der Messstellenbetreiber“. Wenn Du bei Strombetreiber X bist, kannst Du auch fragen „Ah Sie rufen von Y an“. Wenn der Anrufer dann den von dir absichtlich falsch genannten Anbieter bestätigt, weißt Du ebenfalls, was Sache ist.
Aber mein Tipp ist: Leg einfach auf, sobald ohne vorherige Erläuterung eine „Ja-Frage“ im Stile von „Spreche ich mit Herrn/Frau….“ kommt oder behauptet wird, das dein Strom- oder Gasdanbieter anruft. Wenn Dein echter Energieversorger etwas von Dir will, dann bekommst Du von ihm Post oder eine E-Mail. Aber der ruft nicht einfach so an. Solltest Du also so einen Anruf bekommen haben, kannst Du danach selbst deinen Versorger anrufen oder ihn anschreiben und entsprechend nachfragen. In der Regel wird dir dann bestätigt, dass dieser ominöse Anruf unseriös ist und nicht von deinem Versorger veranlasst wurde.
Und wenn der vermeintliche Stromableser klingelt? Zunächst einmal musst Du den garnicht reinlassen. Kein Dienstleister hat ein Recht, dein Haus oder deine Wohnung ohne Deine Zustimmung zu betreten. Steht also da jemand, den Du nicht kennst und der sagt „Ich muss ihren Zähler ablesen“, kannst Du einfach „Nein“ sagen. Heutzutage arbeiten die meisten Energieversorger sowieso per Selbstablesung. Du bekommst eine Postkarte oder eine E-Mail oder hast eine Smartphone-App und liest deine Zählerstände dann auf Aufforderung selbst ab und meldest diese mit der Postkarte, per E-Mail oder über die Webseite oder Smartphone-App des Anbieters.
Früher, als tatsächlich noch der „Ableser“ einmal im Jahr kam, da kannte man denn oft. Bei mir war das ein netter älterer Herr aus meiner Heimatstadt, der sich damit etwas zur Rente hinzuverdiente. Außerdem weisen sich Ableser in der Regel mit einem Dienstausweis aus. Das wäre dann die Frage, die Du dem unbekannten Ableser stellen solltest: „Können Sie sich bitte ausweisen!“. Wenn er das nicht kann oder will, wegschicken und Tür zu machen! Wenn er Dir mit einer Wischbewegung irgendeinen Ausweis schnell und kurz vor die Nase hält, bestehst Du darauf, dass Du diesen Ausweis genau ansehen willst. Sollte der Ausweis selbst gebastelt sein, wirst Du das vermutlich erkennen können oder aber der Abzock-Ableser gibt schon auf und geht.
Sollte der Ausweis nicht direkt als „Bastelwerk“ erkennbar sein, dann zück einfach dein Smartphone und sage „Ich fotografiere den Ausweis eben“ oder „Sie warten und ich rufe meinen Energieversorger an und frage, ob der Sie kennt und geschickt hat.“ Spätestens jetzt dürften die meisten Abzocker es eilig haben von Dir weg zu kommen und wollen ihren Zähler nicht mehr prüfen. Du solltest abermals bei deinem Stromanbieter nachfragen und den Vorfall melden. Wird dir bestätigt, dass das ein Betrugsversuch oder ein falscher Ableser war, gerne auch die Polizei infomieren. Die fahren dann nämlich gerne durch die Gegend, um so einen Halunken zu erwischen.
Aber nochmal, Du kannst so einem unerwarteten Ableser ohne weiteres den Zutritt zu deinem Eigentum verweigern. Selbst wenn er mit irgendwelchen roten Zetteln wedelt, auf denen steht, dass Du ihn reinlassen müsstest, hat er kein Recht, Einlass zu verlangen. Wäre es ein echter Ableser, denn Du nicht rein lässt, würde Dein Energieversorger in so einem Fall deinen Verbrauch eben schätzen. Und wenn der „Messstellenbetreiber“, also der lokale/regionale Grundversorger, der deinen Strom- oder Gaszähler eingebaut hat, diesen prüfen oder austauschen will, dann macht der vorher einen Termin mit dir. Da man heute seinen Energieversorger frei wählen kann, wird eben zwischen dem aktuellen Versorger und dem „Messstellenbetreiber“ unterschieden. Ich beispielsweise beziehe meinen Strom aktuell von Tibber, aber der Messstellenbetreiber ist das EWR in Worms.
So wehrst Du die Masche „nachher“ ab
Was ist zu tun, wenn es passiert ist? Du bekommst die beiden im ersten Absatz erwähnten Schreiben, mit denen dein alter Energieversorger bedauert, das Du gekündigt hast und der neue dich als Kunden begrüßt? Es wird mittlerweile sogar von Fällen berichtet, in denen weder der beschriebene Abzocke-Anruf noch der falsche Ableser vorher am Werk waren. Sobald Dir klar wird, dass da ein Anbieterwechsel ohne Deine Zustimmung abgewickelt wurde, solltest Du sofort widersprechen beziehungsweise Widerruf einlegen. Und zwar schriftlich! Bei neuen und über den „Fernabsatz„, also online oder telefonisch zustande gekommenen Verträgen hat der Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht! Er kann einen solchen Vertrag widerrufen, ohne dafür Gründe nennen zu müssen.
Informiere also den neuen Anbieter schriftlich per E-Mail und sicherheitshalber auch per Post, dass Du den neuen Vertrag widerrufst. Und vor allem solltest Du auch den alten Anbieter darüber informieren und damit Deine Kündigung, die Du ja garnicht selbst eingereicht hast, damit ebenfalls widerrufen. Und inrofmiere beide Versorger auch, dass Du diesen Anbieterwechsel weder willst noch überhaupt beauftragt hast! Dann wird der neue Anbieter sich vielleicht auch juristisch um denjenigen kümmern, der (angeblich) in deinem Namen den Wechsel angestoßen hat und die Provision von ihm kassiern will.
Schlussendlich solltest Du auch Anzeige per der Polizei erstatten und den Betrueb melden. Selbst wenn das Verfahren später eingestellt wird, weil man die Abzocker nicht erwischt, auf jeden Fall wird der Fall damit aktenkundig.
Melden bei der Polizei und Deiner Verbraucherschutzzentrale
Ob Du den Betrug dieser Energievertrags-Abzocker vorher oder nachher abgewehrt hast, eines solltest Du auf jeden Fall immer noch machen: Melde das Ganze bei der Polizei und bei Deiner Verbraucherschutzzentrale. Mit der Anzeige der der Polizei wird das ganze aktenkundig und häufen sich die Anzeigen, kann die Polizei auch entsprechend öffentliche Warnungen herausgeben. Und auch deine Verbraucherschutzzentrale wird dankbar sein, wenn sie erfährt, das aktuell wieder Energievertrags-Abzocker in einer Region ihr Unwesen treiben und sie dann entsprechend Aufklärungskampagnen starten können. Die Verbraucherzentrale, es gibt eine in jedem Bundesland, kann Dir außerdem auch helfen, sollte der neue Energieversorger sich in Sachen widerruf widerspenstig zeigen.